Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Forschungsprojekte

Aktuelles Forschungsprojekt (2020-heute)

In seiner Promotionsforschung untersucht Thomas Götzelmann affektive und emotionale Dynamiken in der deutschen Migrationsverwaltung in Bezug auf deren fortschreitende Digitalisierung. Innerhalb der deutschen Verwaltungslandschaft nimmt die Migrationsverwaltung eine ausgesprochene Vorreiterrolle bei der Einführung digitaler Werkzeuge und Prozesse ein. Diese neuen Verwaltungstechniken richten sich nicht nur auf Antragsteller:innen (z.B. durch automatisierte Dialekterkennung), sondern insbesondere auch auf verwaltungsinterne Prozesse. Sowohl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als auch bei den kommunalen Ausländerbehörden spielen zentrale Software-Eingabemasken eine größer werdende Rolle im Arbeitsalltag der Verwaltungsmitarbeiter:innen. Papierakten werden zunehmend durch elektronische Akten ersetzt, Datenbankabfragen bei anderen Behörden werden halbautomatisiert per Mausklick ausgelöst und generell werden die einzelnen Schritte innerhalb der Verwaltungsverfahren immer stärker von der Logik der teils selbst entwickelten, teils von privaten Unternehmen entwickelten Softwarelösungen geleitet.

Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt – überwiegend aus der IT-Abteilung des BAMF – legen nahe, dass der Prozess der Digitalisierung das Selbstverständnis der Bürokratie verändert. Neue digitale Werkzeuge sowie deren Entwicklung und infrastrukturelle Aufrechterhaltung haben Auswirkungen auf das emotionale Repertoire der Verwaltungsmitarbeiter:innen in Bezug auf Antragsteller:innen, die eigene Arbeit und den Staatlichkeit. Das Forschungsprojekt begleitet diese digitale Transformation der Migrationsverwaltung, indem es affektive Dynamiken der Digitalisierung in den Interaktionen zwischen Software/Hardware, Verwaltungsmitarbeiter:innen und Unternehmen nachzeichnet und dokumentiert. Der Schwerpunkt der Forschung liegt dabei auf den sich verändernden sentiments of bureaucracies, auf den affektiv-emotionalen Einstellungen von Verwaltungsmitarbeiter:innen gegenüber neuen Modellen einer Verwaltung, die sich in digitaler Transformation befindet.

Abgeschlossenes Forschungsprojekt

An Affective-Emotional Crisis of Legitimacy. Lawyers’ Sentiments of Justice in/of Cameroon’s Anglophone Crisis (2017-2019)”

Für sein MA-Projekt führte Thomas Götzelmann eine 4,5-monatige Feldforschung (Oktober 2017-März 2018) in den anglophonen Regionen Kameruns durch. Er arbeitete mit anglophonen Common Law-Anwält:innen zusammen, die gegen die Dominanz der Frankophonie und des Code civile in der Regierung und gegen die Marginalisierung der Rechte der anglophonen Minderheit (Sprache und Rechtstraditionen sowie Ämterbeteiligung) protestierten. In der Feldforschung befasste sich Thomas Götzelmann mit den emotional-affektiven Einstellungen der Forschungsteilnehmer:innen in Bezug auf die "Anglophone Crisis" –  ein Streik, der 2016 von anglophonen Anwält:innen und Lehrer:innen ausging, sich auf die Zivilgesellschaft der anglophonen Regionen Kameruns ausbreitete, der mit staatlicher Gewalt beantwortet wurde und sich schließlich zu einem Bürgerkrieg mit einer Vielzahl von separatistischen Gruppierungen entwickelte. Das Projekt beschäftigte sich insbesondere damit, wie sich die Anwält:innen in einem weiten Feld von Zugehörigkeiten, Rechtspluralismus und der Mikropolitik der Rechtsverwaltung positionierten, um Gerechtigkeit zu erwirken. Dabei wurde untersucht, wie Anwält:innen die Legitimität der Regierung und des Staates einschätzten, wobei Positionen in einem weitem Spektrum eine Rolle spielten; diese reichten von der Befürwortung der Zentralregierung über die Betonung von Verfassungsreform und der Wiedereinführung des Föderalismus in Kamerun bis hin zum völligen Sezessionismus der anglophonen Regionen. Diese unterschiedlichen Positionen und ihre emotionale Verankerung in persönlichen und kollektiven Geschichten und Gerechtigkeitsgefühlen sowie unterschiedliche Strategien des Streiks und der Rechtsausübung waren die Kernaspekte der Masterarbeit, in welcher Perspektiven der politischen und Rechtsanthropologie sowie Affekttheorie und Emotionsstudien genutzt wurden. Die Arbeit wurde im Dezember 2019 abgeschlossen.

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